Anteil hochwertiger Kunststoff-Rezyklate in technisch anspruchsvollen Bauteilen erhöhen

Nachhaltigkeitsexperte Dominik Spancken will industrielle Partner aus der Kunststoffbranche befähigen, Potenziale von Kunststoffrezyklaten besser bewerten zu können damit mehr technische Bauteile aus Rezyklaten eingesetzt werden

Der Einsatz von Kunststoff-Rezyklaten in technisch anspruchsvollen Anwendungen ist aufgrund der im Vergleich zu Neukunststoffen unterschiedlichen Materialeigenschaften und der unzureichenden Kenntnisse über das Langzeitverhalten bisher nur zurückhaltend erfolgt. Diese Umstände sind auf Vorschädigungen und Verunreinigungen aus der vorherigen Anwendung sowie auf Vermischungseffekte verschiedener Stoffströme zurückzuführen.

Ein grundlegendes Verständnis dieser Zusammenhänge sowie methodische Ansätze zur Berücksichtigung dieser Einflussgrößen bei der Bauteilauslegung sind Grundvoraussetzung für den zuverlässigen Einsatz der Kunststoff-Rezyklate in technischen Anwendungen. Bei OEMs und Herstellern von Kunststoffbauteilen aus der Automobil-, Nutzfahrzeug- oder Haushaltsgeräteindustrie sind diese Grundlagen häufig nur sehr lückenhaft vorhanden.

Einflussfaktoren für zuverlässige Kunststoff-Rezyklate

Eine treibende Fragestellung ist beispielsweise, wie mit Chargenschwankungen umgegangen werden kann, da größere Streubreiten in den mechanischen Kennwerten zu höheren Ausfallwahrscheinlichkeiten eines Produktes führen und im schlimmsten Fall sicherheitsrelevant sind. Sie müssen daher bei der Auslegung von Bauteilen berücksichtigt werden. Derzeit führt dies zu höheren Sicherheitsfaktoren und damit zu höheren Wanddicken, was dem Leichtbau und damit der Ökonomie und Ökologie entgegensteht. Darüber hinaus sind das Verhalten unter Langzeitbelastung in hochbeanspruchten Anwendungen und mögliche Änderungen des Werkstoffverhaltens durch äußere Einflüsse nicht ausreichend bekannt. Diese Eigenschaften müssen bei der Produktnachweisführung unbedingt berücksichtigt werden, um die Produktlebensdauer eines Bauteils zuverlässig abschätzen zu können.

Genau hier setzt das neue Industrieverbundprojekt an und untersucht exemplarisch zwei unterschiedliche Rezyklatwerkstoffe. Dabei kann es sich je nach Anforderung der Verbundteilnehmer um rPP oder rPA handeln.„Die Untersuchungen werden parallel an äquivalenten Neuwarematerial durchgeführt, um einen direkten Abgleich von Rezyklat zu Neuware zu ermöglichen“, erklärt Dominik Spancken, bundesweit erster Doktor der Nachhaltigkeitswissenschaften und Wissenschaftler am Fraunhofer LBF.

Wettbewerbsfähig bleiben: Lebensdauer von Rezyklaten abschätzen

Die Projektpartner werden in die Lage versetzt, die Herausforderungen und Potenziale beim Einsatz von Kunststoff-Rezyklaten abzuschätzen und notwendige Materialuntersuchungen zur Qualifizierung von Kunststoff-Rezyklaten abzuleiten. Mit den gewonnenen Erkenntnissen können sie ihre eigenen Berechnungsmethoden zur Bauteilauslegung anpassen, um technische Bauteile aus Rezyklaten betriebsfest auszulegen. Gegenüber Materialherstellern können sie ihre Anforderungen spezifischer formulieren, um eine höhere Zuverlässigkeit zu erreichen. Das Verbundprojekt richtet sich an Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette vom Granulat über das fertige Bauteil bis hin zum Recycling. Das Projekt ist offen für weitere Partner aus Industrie und Wirtschaft.