Forschungsprojekt zu Infrarotschweißverfahren von Kunststoffen gestartet

Mathematische Modelle sollen Lebensdauer vorhersagen

Mikrotomschnitt einer Schweißnaht

Bei fast allen Entwicklungen im Maschinenbau steht heute der effiziente Leichtbau an oberster Stelle. Vor allem in der Mobilität sorgt bereits eine geringe Masseneinsparung für einen erheblich reduzierten Treibstoffverbrauch und CO2-Ausstoß. Aber wie langlebig sind solche Leichtbaulösungen im aktiven Gebrauch tatsächlich? Dieser Frage gehen Forschende des Fraunhofer-Instituts für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF in Darmstadt, des Leibniz-Instituts für Polymerforschung Dresden und der Kunststofftechnik Paderborn in einem kürzlich gestarteten Kooperationsprojekt nach. Im Fokus stehen dabei Infrarotschweißverfahren von Kunststoffen. Das Forscherteam erwartet von den Ergebnissen des Projekts eine Kostenersparnis von 20 Prozent bei einzelnen Bauteilen aus der Automobilindustrie.

In ihrem gemeinsamen Projekt wollen die drei Forschungsstellen glasfaserverstärkte technische Kunststoffe mittels Infrarotschweißverfahren fügen und deren zyklische Belastbarkeit ermitteln. Die Ergebnisse aus den Experimenten werden mit einem mathematischen Modell verglichen, das die mechanischen Eigenschaften der gefügten Bauteile auf Grundlage der individuellen Struktureigenschaften der Schweißnaht beschreibt. In dem Forschungsvorhaben werden zwei verschiedene Kunststoffe untersucht und hinsichtlich ihrer Lebensdauer bewertet. Dabei handelt es sich um ein Polyamid 6 (PA6) und ein Polyphtalamid (PPA) mit Kurzglasfaserverstärkung. Im ersten Schritt werden geschweißte Flachproben in einer Vielzahl von Parameterkombinationen hinsichtlich der Schwingfestigkeit untersucht, um die Frage nach dem Einfluss der Prozessparameter beim Infrarotschweißen auf die Schwingfestigkeit der Fügeverbindung zu beantworten.

Über die Bewertung der untersuchten Kombinationen will das Forscherteam die signifikanten Faktoren, die einen Einfluss auf die Lebensdauer der Schweißverbindung haben, identifizieren und die Wechselwirkungen zwischen der Schwingfestigkeit und den eingestellten Schweißprozessparametern ableiten. Nachfolgend werden die Ergebnisse anhand eines industrienahen Demonstratorbauteiles verifiziert. Die in diesem Projekt erlangten Ergebnisse können beispielsweise in die Entwicklung von Druckluftspeichern aus Kunststoffen in der Automobilindustrie übertragen werden. Bisher werden Druckluftspeicher klassisch aus metallurgischen Werkstoffen gefertigt. Nur mit einer Schweißnaht, die hohen Belastungen standhält, wäre es denkbar, die Speicher aus faserverstärkten Kunststoffen herzustellen. Darüber hinaus spielen Faktoren wie Dichtigkeit und Medienbeständigkeit eine wichtige Rolle. Stellt sich heraus, dass ein Druckluftspeicher mit Hilfe der Projekterkenntnisse aus Kunststoff gefertigt werden kann, sind Kostenersparnisse von 20 Prozent zu erwarten. Das Projekt (IGF-Vorhaben Nr. 21276N) ist im Oktober 2020 gestartet. 17 Unternehmen, die im projektbegleitenden Ausschuss die Sicht der Industrie vertreten, unterstützen das Vorhaben. Dieser Ausschuss kann stetig durch weitere Unternehmen ergänzt werden.