Beschichtungstechnik: Leonhard Kurz erweitert Entwicklungs- und Versuchskapazitäten

„All-in-one“-Spritzgießanlagen

Beide Spritzgießmaschinen sind mit Rolle-zu-Rolle-Folienvorschubeinheiten ausgerüstet. Die Roboter tragen eine Folien-Wärmeplatte und gegenüber davon den Sauggreifer zur Fertigteil-Entnahme

Die Leonhard Kurz Stiftung mit Ihrem Headquarter in Fürth entwickelt und produziert dekorative und funktionelle Beschichtungen für unterschiedlichste Kunststoffanwendungen, die mittels Trägerfolien beim Spritzgießen auf Kunststoffbauteile übertragen werden. Wesentliches Entwicklungsziel ist die Technologie- und Prozessentwicklung, sowie der Ausbau  der 3D-Verformung, an Ecken und entlang des Formteil-Umrisses. Dazu unterhält Leonhard Kurz ein umfangreiches Spritzgieß-Technologie-Centrum. Hier zu finden u.a. zwei Produktionszellen auf Basis von servohydraulischen Wittmann Battenfeld Smart Power-Spritzgießmaschinen mit 1.200 und 2.100 kN Schließkraft.

Hahn führt weiter aus: "Prozesse und Applikationstechnik sind für Kurz mit entscheidend für den Erfolg. Dementsprechend wurde unser Anwendungstechnikum Spritzgießen um eine darauf ausgerichtete Versuchs- und Testanlage erweitert. Dabei haben wir uns nach einer umfassenden Kosten/Nutzen-Analyse für zwei Spritzgießzellen von Wittmann Battenfeld entschieden. Den Ausschlag dafür gab deren „All-in-one“-Konzept, d.h. dass zur Spritzgießmaschine alle Peripheriekomponenten, wie Handling-Roboter, Teileförderanlage, die Materialförderung, die Werkzeugtemperiergeräte, sowie die allumfassende Reinraum-Einhausung ebenfalls aus der Wittmann Gruppe stammen und daher kompromisslos aufeinander abgestimmt und zusätzlich über die Wittmann 4.0-Softwaretools miteinander und nach außen hin vernetzt sind.“

Größtmögliche Seriennähe durch Smart Power-Spritzgießmaschinen

Um die Weiterentwicklung der Kurz Verfahrenstechnologien mit größtmöglicher Praxis- und Seriennähe zu betreiben, entschied sich Kurz für zwei Maschinen aus der servohydraulischen Smart Power-Reihe, konkret für eine Smart Power 210/750 (2.100 kN Schließkraft) und eine Smart Power 120/350 (1.200 kN Schließkraft), jeweils ausgerüstet mit einem Wittmann W918-Roboter und getakteten Teileförderbändern. Beide Maschinen-Schließeinheiten wurden von Kurz mit je einer Rolle-zu-Rolle-Folienvorschubeinheit ausgerüstet.

Die Detailkonzeption der Anlagen übernahmen Projektleiter Fabian Bürkel, Leonhard Kurz und Marcus Otto, Vertriebsingenieur für Spritzgießtechnik bei Wittmann Battenfeld, Nürnberg. Dazu Fabian Bürkel in einem Rückblick: „Uns kam es vor allem auf die Übertragbarkeit der im Versuch ermittelten Verarbeitungsparameter auf die reale Betriebspraxis potenzieller Anwender unserer Folien an. Dabei wollten wir möglichst unabhängig von variablen Einflüssen aus der Produktionsperipherie sein. Das Wittmann Battenfeld Konzept der untereinander vernetzten und kapazitätsmäßig aufeinander abgestimmten Hilfseinrichtungen bietet uns die Möglichkeit, uns ganz auf die Abstimmung des Spritzgießprozesses mit den entsprechenden unterschiedlichsten Foliensystemen zu konzentrieren.“

Auf dem Sprung zu dreidimensionalen Höhen

Im Fokus der neuen Versuchskapazitäten stehen die Erhöhung der dreidimensionalen Folienverstreckung (durch Infrarot-Vorwärmung und anschließendem Vakuumformen im Spritzgießwerkzeug) als integraler Verfahrensteil des Spritzgießvorganges, sowie eine systematische Optimierung der Angussposition zur Minimierung der Übertragung von Schubeinflüssen aus der Kunststoffschmelze auf die elastisch eingestellte Trägerfolie. Ein wichtiger Teilaspekt des aktuellen Entwicklungsprogramms ist die Faltenfreiheit an Formteilecken und der prozesssichere Umbugprozess für die Folie entlang des Formteil-Umrisses (Anmerkung: Als Umbugen wird das Umlegen eines Dekormaterials, z. B. einer Kunststofffolie, um eine Trägerteilkante um 90 bzw. 180 Grad bezeichnet, mit anschließender Befestigung des umgebogenen Folienrandes auf der Trägerteilrückseite).

Welches Potenzial in den Kurz Applikationsprozessen steckt, demonstriert eine preisgekrönte Anwendung für eine PKW-Tür-Innenblende. Dabei wurde eine partiell lichtdurchlässige Dekorfolie / IMD Einzelbildsystem mit einem gedruckten kapazitiven "PolyIC Sensor" auf der Formteil-Innenseite mittels IML Technik kombiniert. Beide werden innerhalb eines Spritzgießzyklus hinterspritzt. Der Sensor dient zur Touch-Bedienung der Licht-Schalt- und Dimmfunktion, mit der auch der Farbton der dahinterliegenden LED-Lichtquelle variiert werden kann.