Südpack und Carboliq arbeiten bei chemischem Recycling von Kunststoffen zusammen

Verfahren schließt die Lücke zur vollständigen Rückführung von Leichtverpackungen in den Kreislauf

Der aus dem chemischen Recycling von Kunststoffabfällen gewonnene Sekundär-Rohstoff ähnelt in vielen Eigenschaften Erdöl und ist ein vollwertiges Substitut fossiler Ressourcen

Beim mechanischen Recycling von Kunststoffen können nicht alle Materialströme erfasst werden. Beispielsweise lassen sich mehrschichtige Folien aus Lebensmittelverpackungen so nicht trennen und wiederverwenden. Im Jahr 2019 wurden im Rahmen der Sammlung von Leichtverpackungen aus dem Dualen System von 1,2 Tonnen Gesamtmenge nur 0,5 Millionen Tonnen recycelt. Es gilt, auch das restliche Volumen von 700.000 Tonnen in den Kreislauf zurückzuführen. Eine Lösung bietet das chemische Recycling. Südpack hat gemeinsam mit Kooperationspartnern die Voraussetzung für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft geschaffen. Die Recenso-Tochtergesellschaft Carboliq betreibt im münsterländischen Ennigerloh eine vollkontinuierlich betriebene Anlage für chemisches Recycling von Kunststoffen - im Industriemaßstab.

Kaum ein Thema wird im Zusammenhang mit der Einführung einer Kreislaufwirtschaft in der Verpackungsindustrie so kontrovers diskutiert wie die Technologie des chemischen Recyclings. Als Ergänzung zum mechanischen Recycling kann dieses Verfahren maßgeblich dazu beitragen, zusätzliche Abfallströme, etwa für bislang nicht wertstofflich verwertbare flexible Mehrschichtfolien, zu erschließen und die gesetzlichen Recyclingquoten zu erfüllen. Die Carboliq-Technologie ist im Hinblick auf ihre Anwendung als ein Verfahren zur Abfallbehandlung den stofflichen Recyclingverfahren zuzuordnen, erklärt Christian Haupts, Geschäftsführer von Carboliq, auf einer gemeinsamen Informationsveranstaltung mit Südpack. Es handelt sich um einen fortgeschrittenen thermo-chemischen Prozess, der auch als Direktverölung bezeichnet wird. Mit bekannten Verfahren zur Vergasung oder Pyrolyse hat das Recyclingverfahren gemein, dass feste organische Einsatzstoffe wie Kunststoffe und Biomasse durch Teilung, das sogenannte Cracken, der Kohlenwasserstoffketten in Öle und Gase umgewandelt werden. Allerdings unterscheidet sich das Verfahren maßgeblich durch seine Flexibilität hinsichtlich der eingesetzten Materialen, die nicht polyolefinischen Ursprungs sein müssen. Dank dieser hohen Feedstock-Toleranz eignet sich Carboliq für verunreinigte, gemischte oder andere Kunststoffe und ebenso für flexible Verpackungen und hochkomplexe Mehrschichtfolien aus verschiedenen Kunststoffarten. Im Vergleich zum mechanischen Recycling bietet das Verfahren also deutlich mehr Möglichkeiten, da es auf die Rückgewinnung der Wertstoffbauteile durch thermische Zersetzung abzielt.

Recyclingverfahren mit geringerem Energieeinsatz

Ein weiterer Vorteil: Der Prozess findet bei einer niedrigeren Temperatur von unter 400 Grad Celsius statt. So ist die Verkokung ausgeschlossen. Es bilden sich keine giftigen Pyrolysegase. Die niedrige Temperatur, die Einstufigkeit des Verfahrens und die Einbringung der Energie über Friktion direkt ins Material ermöglichen die Stoffumwandlung bei relativ geringem Energieeinsatz. Wird der für den Anlagenbetrieb benötigte Strom künftig zudem aus regenerativen Quellen bezogen, ist das Carboliq-Verfahren vollständig klimaneutral. Weder das Verfahren noch die eingesetzte Energie emittieren CO2.

Das Anlagenkonzept ist, bezogen auf hochkalorische Einsatzfraktionen und im vollkontinuierlichen Betrieb von 7.200 Stunden pro Jahr, auf eine jährliche Ausbringung an Flüssigressourcen von jeweils 10.000 Tonnen ausgelegt. Der gewonnene Sekundär-Rohstoff ähnelt dabei in vielen wesentlichen Eigenschaften Erdöl bzw. den daraus gewonnenen Produkten. Er ist somit ein vollwertiges Substitut fossiler Ressourcen. Der Rohstoff kann in bestehenden Anlagen in Raffinerien in der Petrochemie verarbeitet werden, ist mit fossilen Ölen mischbar und ebenso wie diese lagerfähig.

Signifikant verbesserte CO2-Bilanz

Dirk Hardow, Leiter des Bereichs „Functional Films & Compounds“ bei Südpack, beleuchtete die Rahmenbedingungen für die Implementierung des chemischen Recyclings. Er skizzierte anhand einer Modellrechnung die positive Auswirkung des Recyclings auf die CO2-Bilanz von Kunststoffen. Demnach haben mechanisch recycelte und zu Granulaten verarbeitete Kunststoffe einen um 98 Prozent geringeren CO2-Fußabdruck als Granulate, die aus Virgin Material hergestellt wurden. Stellt man die Herstellung von Granulaten aus Virgin Material dem Material aus chemischem Recycling gegenüber, so ergibt sich eine CO2-Einsparung von über 20 Prozent. Bei diesen beiden Betrachtungen wurde allerdings nicht berücksichtigt, dass das Material, das aus dem chemischen Recycling gewonnen wird, andernfalls der thermischen Verwertung zugeführt und dadurch zusätzliches CO2 freigesetzt werden würde. Ein weiterer Vorteil: Je länger das Material im Kreislauf gehalten wird, d.h. je öfter das Material rezykliert wird, umso weiter sinkt der CO2-Fußabdruck.

Geeignete Recyclingtechnologie für Compounds

Johannes Remmele, Inhaber der Südpack Gruppe, informierte über die Vision „Zero Waste“, die Gründe für die Kooperation mit Carboliq und das Engagement des Familienunternehmens für eine Implementierung des Verfahrens als komplementäre Recyclingtechnologie. Sein Credo: Trotz aller Nachhaltigkeitsbestrebungen wird es auch weiterhin Materialien geben, deren Aufbau aus unterschiedlichen Polymeren besteht. Denn diese Strukturen sind für viele Anwendungen auch künftig nicht verzichtbar und zugleich die materialeffizienteste Art und Weise, die gewünschten Funktionalitäten einer Verpackung herzustellen. Da sich diese Eigenschaften nach heutigem Stand der Technik nicht materialeffizient durch Monostrukturen erzielen lassen, wird für diese Materialien eine geeignete Recyclingtechnologie benötigt, damit auch diese Fraktionen im Kreislauf geführt und nicht der thermischen Verwertung zugeführt werden müssen.

Die Umwandlung von bis dato nicht recyclingfähigen Kunststofffraktionen wie auch Post-Consumer- und Post-Industrial-Abfällen zu einer wertvollen Ressource ist bereits Realität. Südpack ist der einzige Hersteller von flexiblen Folien, der direkten Zugang zu Kapazitäten für das chemische Recycling hat. In Kombination mit dem Standort in Schwendi, an dem Kapazitäten für die mechanische Aufbereitung von Wertstoffen vorhanden sind, ist das Verpackungsunternehmen in der Lage, beim Schließen von Wertstoffkreisläufen immer die Technologie anzuwenden, die in Bezug auf Umweltauswirkungen und Wirtschaftlichkeit die bessere ist.