Additive Manufacturing: 20. Rapid.Tech 3D empfängt 2.700 Besuchern

Nach Überhitzung: AM weiter auf Wachstumskurs

Messeimpression Rapid.Tech 3D 2024

Die Rapid.Tech 3D hat ihren Ruf als wegweisende Fachveranstaltung für den industriellen 3D-Druck auch zu ihrem 20. Jubiläum unter Beweis gestellt. Erneut kamen 2.700 Gäste aus dem In- und Ausland vom 14. bis 16. Mai 2024 nach Erfurt, um sich über neue Anwendungen, Entwicklungen und Trends in diesem Bereich zu informieren und auszutauschen. Ideeller Träger der Veranstaltung war erstmals die Arbeitsgemeinschaft Additive Manufacturing im VDMA. Die vier Keynotes und rund 70 Vorträge im Fachkongress, rund 100 Ausstellerpräsentationen in der Halle sowie intensiven Networking-Formate machten deutlich, dass Additive Fertigung in der Serienproduktion angekommen ist und durch Material- und Technologieentwicklungen immer neue Anwendungen ermöglicht, sowohl in etablierten" AM-Anwenderbranchen wie Luft- und Raumfahrt, Medizintechnik und Automotive als auch in Branchen, in denen AM noch eine relativ junge Technologie ist, wie Mikroelektronik, Chemie und Maschinenbau.

Die zu erwartenden Entwicklungen in den nächsten zehn Jahren erläuterte der AM-Pionier Dr. Brent Stucker, Technologiestratege bei Wohlers Associates, in einem Keynote-Interview mit dem Rapid.Tech 3D-Fachbeiratsvorsitzenden Prof. Dr. Christian Seidel. Nach einer Phase der Überhitzung sei die Additive Manufacturing-Industrie weltweit auf einen kontinuierlichen Wachstumspfad eingeschwenkt. Dies biete große Chancen zum Beispiel für deutsche Maschinenbauer und Technologieanbieter. Jetzt sei ein guter Zeitpunkt, um Neu- und Weiterentwicklungen bei AM-Maschinen, -Materialien und -Anwendungen zu forcieren und dafür Kapital zu generieren. Eine besondere Dynamik erwartet der Experte bei Metallanwendungen. Eine große Herausforderung bleibe der Normungs- und Standardisierungsprozess.

Additive Fertigung steigert Leistungsfähigkeit der Halbleiterindustrie

Einen Einblick in den Einsatz von AM in „jungen“ Anwenderbranchen gab Dr. Radu Donose, Competence Lead Additive Manufacturing beim niederländischen Unternehmen ASML, in seiner Keynote. Der Hersteller von Lithographiesystemen für die Chipproduktion fertigt bereits über 200 Maschinenteile additiv aus Metall, Kunststoff oder Keramik in Serie. Generell trage AM zur Leistungssteigerung der ASML-Maschinen bei, betonte er. Um die Qualität zu sichern, hat das Unternehmen einen internen Standard für die gesamte Wertschöpfungskette entwickelt, der den Zulieferern eine gleichbleibend zuverlässige Teileproduktion ermöglicht.

Schwerpunkt Maschinenbau

Weitere AM-Anwendungen mit und für den Maschinenbau standen im Mittelpunkt des erstmals veranstalteten Forums „AM4industry“ mit Beiträgen unter anderem von Reintjes, „DiManEx“, Toolcraft, Hermle, Siemens und Trumpf. Initiator und Organisator war die Arbeitsgemeinschaft Additive Manufacturing im Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Rainer Gebhardt, Projektleiter Additive Manufacturing beim VDMA, schätzt ein: Die vielfältigen Möglichkeiten, die AM mit und für den Maschinenbau bietet, sind noch längst nicht allen bekannt. Auf Veranstaltungen wie der Rapid.Tech 3D, auf denen Anbieter und Anwender zusammenkommen, lassen sich Know-how-Träger und potenzielle Anwender hervorragend vernetzen. Auf unserem erstmals veranstalteten Forum AM4industry‘ zeigten Unternehmen, wie Additive Manufacturing zu mehr Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit beitragen kann, etwa im Schiffbau oder für emissionsarme Mobilität. Ebenso stellten die Referenten die Vorteile dar, die sich aus der Kombination traditioneller subtraktiver und neuer additiver Verfahren ergeben, insbesondere im Zusammenhang mit der Digitalisierung und der intelligenten Vernetzung der Prozesse. Die Resonanz auf dieses Angebot zeigt, dass die Rapid.Tech 3D die richtige Plattform ist, um das Fokusthema AM und Maschinenbau zu präsentieren und zu diskutieren“.

„Hier haben wir gefunden, was wir gesucht haben“

Auch in der Prozessindustrie sind AM-Anwendungen  auf dem Vormarsch. Das zeigte die Keynote von Dr. Jan Brummund, Business Development Manager beim niederländischen Unternehmen Innosyn. Der Forschungs- und Produktionsdienstleister für die chemische Industrie nimmt eine Vorreiterrolle bei der Entwicklung 3D-gedruckter Flow-Reaktoren ein und stellte seine Leistungen auch in der Ausstellung vor. Dr. Brummunds Fazit dazu: „Unsere Präsentation in Erfurt hat unsere Erwartungen weit übertroffen. Als Entwicklungs- und Servicepartner der chemischen Industrie befassen wir uns seit geraumer Zeit mit additiver Fertigung und haben auf der Rapid.Tech 3D unsere 3D-gedruckten Flow-Reaktoren vorgestellt. Sowohl die Resonanz auf meine Keynote als auch auf unseren Stand war überwältigend. Als Anwender haben wir genau das gefunden, was wir suchen: den Austausch mit den 3D-Druck-Experten, den wir brauchen, um unsere Produkte und Prozesse weiter zu verbessern. Im Gegenzug sind die AM-Spezialisten genauso an unseren Anforderungen interessiert. Die Veranstaltung bietet die richtige Atmosphäre für diesen Austausch. Hier stimmt die Qualität.“

Das Fachforum Chemie & Verfahrenstechnik, unter anderem mit Experten von BASF und Evonik, spiegelte die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von AM in der Prozessindustrie wider. Partner des Forums war erstmals die Dechema, das Netzwerk für chemische Technik und Biotechnologie in Deutschland. „Das Forum Chemie und Verfahrenstechnik auf der RapidTech.3D war aus unserer Sicht ein voller Erfolg. Die Beiträge haben gezeigt, wie vielfältig die Einsatzmöglichkeiten von Additive Manufacturing in der Prozessindustrie sind und wo es überall schon genutzt wird. Die Rapid.Tech 3D bietet die Möglichkeit, diese Community noch enger mit Anbietern und Entwicklern, aber auch anderen Anwenderbranchen zu vernetzen und voneinander zu lernen“, sagt Dr. Kathrin Rübberdt, Bereichsleiterin Wissenschaft und Industrie bei der Dechema.

Anorganischer 3D-Druck von Sandkernen: Benchmark in der Automobilindustrie

Eine Neuentwicklung aus der Automobilindustrie stellte Jochen Wendling vom BMW Group Werk Landshut in seiner Keynote vor. Der Automobilhersteller setzt mit dem anorganischen 3D-Druck von Sandkernen für die Motorenproduktion einen Benchmark in der automobilen Serienfertigung. Dank der eingesetzten Materialien und des Verfahrens kann die Gießerei als erste ihrer Art CO2-frei produzieren. Täglich werden bis zu 4.500 Kerne produziert. Für die Zukunft sieht der Gießerei-Experte Anwendungsmöglichkeiten der Technologie, um bionische Fahrzeugstrukturen, beispielsweise im Fahrwerksbereich, herzustellen und damit zur Gewichts- und Kostenreduzierung beizutragen.

Additive Manufacturing von Start-up bis Urgestein

Zahlreiche Material-, Maschinen- und Technologieneuheiten konnten die Besucher direkt an den Messeständen in Augenschein nehmen. Darunter auch die mehraxiale 3D-Drucklösung des Start-ups „FLIPoQ“. Mitgründer und CFO Christian Ladner freute sich über den enormen Besucherandrang: „Wir sind ein Unternehmen in Gründung, kennen jedoch die Rapid.Tech 3D schon seit einigen Jahren. Im Vorjahr waren wir mit unserem fünfachsigen 3D-Druckverfahren Finalist der 3D Pioneers Challenge. Jetzt sind wir dabei, diese neuartige Technologie, die ein beidseitiges Drucken von Filamenten bzw. Granulaten nahezu ohne Stützstrukturen erlaubt, zu kommerzialisieren. Der Auftritt gemeinsam mit unserem Kooperationspartner, dem Extruderhersteller Metexon, hat sich gelohnt. Wir konnten unser Produkt einem fachkundigen Publikum vorstellen und haben uns in den Gesprächen mit potenziellen Anwendern zu den Anforderungen des Marktes ausgetauscht.“ Ein „Urgestein“ der Rapid.Tech 3D ist Portec, die sich in diesem Jahr gemeinsam mit weiteren Unternehmen der Region Thüringen an einem Gemeinschaftsstand präsentierte. „Wir gehören sozusagen zu den Pionieren der Rapid.Tech 3D, denn wir sind von Anbeginn als Aussteller dabei. Uns ist es wichtig, unser Leistungsspektrum hier zu zeigen. Als Partner für Prototypen und Kleinserien aus Kunststoff und Metall schlagen wir die Brücke zwischen additiver Fertigung und Gießtechnik“, sagt Geschäftsführer Holger Krause.

Elektronische Haut gewinnt Hauptpreis der 3D Pioneers Challenge

Die „3D Pioneers Challenge“ bot wieder einen konkreten Blick in die Zukunft fortschrittlicher additiver Technologien. Das Finale des internationalen Designwettbewerbs fand bereits zum neunten Mal auf der Rapid.Tech 3D statt. Mit dem ersten Preis wurde das Projekt „3D-gedruckte elektronische Haut“ eines US-amerikanischen Teams ausgezeichnet. Die Entwicklung ahmt die Flexibilität und Sensibilität der menschlichen Haut nach. Die aufgetragenen Hydrogele können Dehnung, Druck oder Temperaturveränderungen erkennen und sollen als Bewegungssensor, Spracherkennungssystem, Touchpad oder Thermometer dienen.

Die nächste Rapid.Tech 3D findet vom 13. bis 15. Mai 2025 in Erfurt statt.