Chemieindustrie in Rheinland-Pfalz zieht düstere Bilanz für 2023

Chemieverbände fordern Industrie-Initiative für Wettbewerbsfähigkeit und Standorterhalt

Bernd Vogler, Hauptgeschäftsführer Chemieverbände Rheinland-Pfalz

Die Chemieverbände Rheinland-Pfalz haben auf einer Pressekonferenz Bilanz über die bisherige diesjährige Entwicklung der chemischen Industrie im Bundesland gezogen. Hauptgeschäftsführer Bernd Vogler ist es sichtlich schwergefallen, die schlechten Nachrichten zu verkünden. „Das Jahr 2023 ist für die Betriebe schwierig. Die Standortkosten erleben Höhenflüge während Produktion und Aufträge im Keller sind. Und wir haben keinen fassbaren Grund für eine Verbesserung“, stellt er fest und fasst die Situation für die rund 200 Mitgliedsunternehmen in Rheinland-Pfalz mit den Worten zusammen: „Das ist ein krasser Einbruch, den wir so auch 2008/2009 nicht erlebt haben.“

Von Januar bis September ging der Umsatz der chemischen Industrie im Vergleich zum Vorjahr um rund 23 Prozent auf 21,9 Milliarden Euro zurück. Gleichzeitig wurden 20 Prozent weniger Waren produziert. In den Büchern stehen 30 Prozent weniger Aufträge. Die Auslastung der Chemieanlagen liegt aktuell bei nur 75 Prozent, ein sehr niedriger Wert für die Chemieproduktion. Als Grund nannte Vogler die Abhängigkeit der Branche von anderen Industrien wie Glas, Zement, Stahl, Textil oder Automobil. Besonders der enorme Einbruch in der Baubranche habe einen hohen Anteil an der schlechten Lage für die Chemieindustrie. Aber auch strukturelle Herausforderungen in Deutschland wie hohe Strompreise, Regulierungswellen für Stoffverbote, verschärfte Auflagen im Anlagenbetrieb oder das Lieferkettengesetz belasten die Unternehmen. Neben einer schwachen Nachfrage im Inland schwächelten auch die Exporte durch eine gesunkene Nachfrage aus dem Ausland. Hinzu kämen Produkte aus China, die zu so signifikant niedrigen Preisen auf dem Weltmarkt angeboten würden, zu denen sie sich in Deutschland nicht wettbewerbsfähig herstellen ließen.

Umsatz in der Kunststoff- und Gummiverarbeitung sinkt um elf Prozent

Bei den Verarbeitern von Kunststoffen und Gummi ging der Umsatz ebenfalls zurück. Es wurden 4,3 Milliarden Euro erzielt, ein Rückgang um elf Prozent. Die Betriebe haben elf Prozent weniger Waren produziert. Das gleiche Bild zeichnet sich auch in den anderen Bereichen wie Farben und Lacke sowie Wasch- und Reinigungsmittel ab.

Stark sinkende Nachfrage nach Covid-19-Impfstoffen beeinflusst Pharmaergebnis

In der Vergangenheit waren die Subbranchen in der Chemie unterschiedlich von konjunkturellen Schwankungen betroffen. Aktuell erlebt die ganze Branche eine einheitliche Entwicklung nach unten. Eine Ausnahme bildet die Pharmaindustrie. In der Pharmabranche hat sich das Grundlagengeschäft gut entwickelt. Der Pharmamarkt wächst, insbesondere bei Generika. Bis September 2023 konnte ein Umsatz von 3,1 Milliarden Euro erwirtschaftet werden. Dies sind zwar 50 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum, auch Produktion und Aufträge waren rückläufig. Jedoch darf man nicht außer Acht lassen, dass in den zwei Vorjahren Unternehmen wie Biontech von der hohen Nachfrage nach Covid-19-Impfstoffen profitiert haben. Nach starken Wachstumszahlen in den letzten beiden Jahren nivellieren sich die Indikatoren nun wieder ein.

Chemieverbände Rheinland-Pfalz fordern Industrie-Initiative

Der Hauptgeschäftsführer der Chemieverbände Rheinland-Pfalz fordert eine Industrie-Initiative der Bundesregierung für mehr Wettbewerbsfähigkeit. Das seien in erster Linie wettbewerbsfähige Energiekosten und der Abbau der Regulierung.Denn aus seiner Sicht ist die Chemieindustrie bereit und in der Lage, die Transformation zu gestalten. Jedoch lassen es die politischen Rahmenbedingungen nicht zu. „Wenn wir Klimaschutz, Wohlstand und Innovationskraft für Deutschland wollen, dann müssen wir die Chemieindustrie im Land halten“, betont Vogler. Abschließend bekräftigte er: „Wir sind wild entschlossen zu retten, was zu retten ist.“