Cityflieger im Aufwind mit Fiber-Form-Technologie
Niar-Institut setzt auf thermoplastische Composite-Technologie für Luftfahrzeuge
Donnerstag, 10. April 2025
| Redaktion
Share on:
Die Strukturbauteile von Krauss-Maffei sind für die Großserienfertigung in der Luft- und Raumfahrt, z. B. für Lufttaxis, konzipiert.
Die Strukturbauteile sind für die Großserienfertigung in der Luft- und Raumfahrt, z. B. für Lufttaxis, konzipiert, Bild: Krauss-Maffei

Krauss-Maffei und das National Institute for Aviation Research (kurz: Niar) der Wichita State University in den USA setzen neue Maßstäbe im thermoplastischen Leichtbau für die Luftfahrt. Sie haben gemeinsam ein neuartiges Strukturbauteil mit komplexer Rippenstruktur entwickelt, das speziell für sogenannte „eVTOL“-Luftfahrzeuge konzipiert wurde. Dabei handelt es sich um elektrische Senkrechtstarter, die vertikal starten und landen können. Zum Einsatz kommt das Fiber-Form-Verfahren von Krauss-Maffei. Es verkürzt die Fertigungszeit im Vergleich zur Metallvariante von über 100 Stunden auf nur zwei Minuten, bei gleicher Festigkeit und Sicherheit.

Vollautomatisierte Kombination aus Thermoformen und thermoplastischem Umspritzen 

Beim Fiber-Form-Verfahren wird ein sogenanntes Organo-Blech, thermoplastisch getränkte Endlosfasern, in das Werkzeug eingelegt, geformt und umspritzt. Gegenüber der Herstellung von Bauteilen aus Metall bietet diese vollautomatisierte Kombination aus Thermoformen und thermoplastischem Umspritzen deutliche Vorteile. Hersteller profitieren von geringeren Kosten, weniger Eigengewicht und einen Bruchteil des Zeitaufwands. Mechanische Festigkeit und Sicherheit bleiben erhalten. Gleichzeitig erlaubt das Fiber-Form-Verfahren deutlich mehr Designfreiheit. 

Bei Niar „Advanced Technologies Lab for Aerospace Systems“ (kurz: Atlas) geschieht dies auf einer „GXW 450-2000/1400“ von Krauss-Maffei mit einer Schließkraft von 4500 Kilonewton. In die Anlage integriert ist auch eine Wendeeinheit sowie eine entsprechende Automationslösung mit zwei IR-Industrierobotern.

3.000-fach schnellere Fertigung als mit Metall 

Besonders deutlich werden die kurzen Taktzeiten im Vergleich zu Metall bei der neu entwickelten und erprobten Rippenstruktur. Traditionell werden solche Bauteile aus einem massiven Metallblock gefräst. Bei diesem Verfahren werden über 80 Prozent des Materials abgetragen. Das nimmt mehr als 100 Arbeitsstunden in Anspruch. „Im Gegensatz dazu wurde das thermoplastische Bauteil aus einem flachen Organoblech in weniger als zwei Minuten geformt und umspritzt. Die ausgewiesene Expertise der beteiligten Partner war entscheidend für diesen Erfolg“, erklärt Dr. Waruna Seneviratne, Direktor von Niar Atlas. Neben Krauss-Maffei waren die Unternehmen Joby Aviation, Toyota, Victrex und Prospect an der Entwicklung beteiligt. Das Projekt ist Teil des „Manufacturing for Affordable Sustainable Composites”-Programms des Air Force Research Laboratory.

Serienfertigung von Primär- und Sekundärstrukturen in der Luftfahrt

„Die Ergebnisse unterstreichen das Potenzial der aus der Automobilindustrie bekannten Fiber-Form-Technologie für die Serienfertigung von Primär- und Sekundärstrukturen in der Luftfahrt“, so Seneviratne weiter. Eugen Schubert, Sales and Applications Manager, IMM & Automation bei Krauss-Maffei, betont die Bedeutung des Niar Atlas-Labors als Innovationsplattform: „Das Niar Atlas Institut bietet eine ideale Umgebung, in der Maschinenhersteller, Materiallieferanten und Werkzeugentwickler gemeinsam mit Flugzeugherstellern neue Materialien und Prozesse risikofrei für anspruchsvolle Luftfahrtanwendungen erproben und für die Serienreife entwickeln können.“

Niar Atlas und Krauss-Maffei setzen Zusammenarbeit fort 

Krauss-Maffei und Niar Atlas haben bereits im Jahr 2024 erfolgreich zusammengearbeitet. Dabei ging es seinerzeit um im Fiber-Form-Verfahren gefertigte Fensterverschlüsse, die bei der Umrüstung von Passagierflugzeugen in Frachtflugzeuge, sogenannte Prachter, zum Einsatz kommen. Die in nur 90 Sekunden gefertigten Fensterverschlüsse waren 20 bis 30 Prozent leichter und nur halb so teuer wie ihre Pendants aus Metall. Mit der neuartigen komplexen Rippenstruktur demonstrieren die Entwicklungspartner die Fiber-Form-Technologie nun an einem anspruchsvollen Strukturbauteil und ebnen den Weg für weitere Anwendungen sowie eine erfolgreiche Zertifizierung in der Luftfahrt.

Auch interessant für Sie

Von Krauss-Maffei stammt sowohl die Spritzgießmaschine MXW 1000 als auch die Rimstar Flex Misch- und Dosiermaschine samt Mischköpfen für die effiziente Fertigung von Bauteilen mit Polyurethanoberfläche
Landesrekord: Mit einer Schließkraft von 40.000 kN ist die MX 4000-75000 von Krauss-Maffei die größte Spritzgießmaschine in der Schweiz
Blick in die Produktion bei Tepe: Die CXL 160 Silcoset von Krauss-Maffei
Fahrradproduktion bei Time Bicycles wird automatisiert
Nachhaltiger Kaffeegenuss: Die Becherdeckel aus LSR lassen sich leicht reinigen und mehrfach verwenden
Oldroyd und Krauss-Maffei treiben gemeinsam den nachhaltigen Tunnelbau voran