Ausschussteile minimieren: Anwendersoftware detektiert Abweichungen beim Dosieren

S-Max-Mühle zur Vermahlung der Angüsse

Um möglichst ressourcenschonend zu produzieren, indem Ausschussteile minimiert werden, müssen Viskositätsschwankungen so frühzeitig wie möglich detektiert werden. Diese Schwankungen können zum Beispiel durch einen unterschiedlichen Fasergehalt bei Chargenwechsel oder alternierende Mahlgutqualitäten hervorgerufen werden. Eine Möglichkeit, bereits während des Dosierens eine Abweichung aufzuzeigen, hat Wittmann Battenfeld mit der neuen Iteration seiner Anwendersoftware „HiQ Melt“ geschaffen.

Anwendertechnisch wird der Einrichter heute bereits mit vielen Softwareanwendungen unterstützt. Das beginnt bereits mit dem sogenannten Quick Setup, das bei Wittmann Battenfeld im Standard der Unilog-Steuerungsgenerationen „B8X“ und „B8“ schon seit Jahren zur Verfügung steht. Dieses Tool berechnet einen Einstellvorschlag, der mit wenigen Grunddaten Prozessdaten vorschlägt. Diese können anschließend übernommen werden. Schwankungen der Viskosität werden dann im laufenden Betrieb durch die intelligente Software-Lösung „HiQ Flow Premium“ ausgeglichen, können aber mit der Anwendersoftware „HiQ Melt Monitoring“ und „HiQ Melt Premium“ auch überprüft werden.

Mit der bereits im Maschinenstandardpaket verfügbaren Funktion „HiQ Melt Monitoring“ ist es möglich, sowohl die mittlere Verweilzeit der Kunststoffschmelze im Plastifizierzylinder als auch die Auslastung des Schneckenvolumens anzuzeigen. Diese beiden Werte liefern dem Maschinenbediener eine gute Basis für die Bewertung der Kunststoff-Schmelze-Qualität bei einem Produktionsprozess. Durch ein Ampelsystem wird die qualitative Darstellung der Werte für den Einrichter schnell erfassbar. Welche Gefahren sich für den Kunststoff und in weiterer Folge für das Produkt ergeben, ist qualitätsentscheidend.

Fehlerbilder durch zu kurze oder zu lange Verweilzeit

Typische Fehlerbilder entstehen bei zu kurzer Verweilzeit, bei der das Kunststoffmaterial nicht vollständig aufgeschmolzen ist. Das sind Gewichtsschwankungen und Schlierenbildung am Bauteil. Für den Schneckenzylinder, die Maschinendüse, Schnecke, Rückstromsperre und Schneckenspitze bedeutet das einen erhöhten Verschleiß durch zu hohe Scherkräfte. Bei langer Verweilzeit kann der Kunststoff überhitzen und erzeugt Verbrennungen im Bauteil. An der Maschine können Materialanlagerungen an der Schnecke und Korrosionsbildung an der gesamten Schneckenzylinder-Einheit die Folge sein. Abbauprodukte des Kunststoffes können zusätzliche Probleme an den Produkten und der Plastifiziereinheit hervorrufen. Für die Berechnung der mittleren Verweilzeit werden das Volumen in den Schneckengängen, die Zykluszeit und das Schussvolumen herangezogen.

Einfluss des Schneckenvolumens auf Ungenauigkeiten

Die Auslastung des Schneckenvolumens wird zwischen 1xD (= Durchmesser der Schnecke) bis 3xD als ideal angesehen. Eine Auslastung unter einem D führt zu Problemen in der Reproduzierbarkeit des Prozesses und einer zu langen Verweilzeit des Kunststoffes im Plastifizierzylinder. Die Ungenauigkeiten sind auf die sehr kurze Regelstrecke des Einspritzprozesses zurückzuführen und auf den kurzen Weg, der auf das Schließen der Rückstromsperre erheblich mehr Einfluss nimmt. Verbesserung können zum Beispiel das aktive Verschließen der Rückstromsperre und langsame Einspritzgeschwindigkeiten schaffen. Mit elektrischen Maschinen werden diese Maßnahmen in der Regel besser umgesetzt als mit hydraulischen Systemen. Diese Lösungen ersetzen aber nicht eine korrekte Auslegung der Schnecke. Eine Auslastung über 3xD wird nicht empfohlen. Die Dosierleistung nimmt ab diesem Dosiervolumen schrittweise immer mehr ab. Zykluszeiten können je nach Material deutlich länger werden und die Materialhomogenität wird durch nicht geschmolzene Bereiche in der Schmelze, wie schon oben erwähnt, instabil. Wirtschaftliche und qualitative Aspekte werden dadurch zum Teil erheblich verschlechtert.

Anwendersoftware unterstützt mit nützlichen Prozessdaten

Viele Anwender stehen vor dem Problem, dass ihnen unter anderem Informationen über das Schmelze- und Fließverhalten des Kunststoffes während der Produktion fehlen. Das Ziel der Neuentwicklung der Anwendersoftware ist es daher, dem Bedienpersonal eine Kennzahl mit auf den Weg zu geben, mit der es intuitiv Aussagen zum aktuellen Prozess treffen kann. Für „HiQ Melt Premium“ ist das der in der Praxis bekannte Schmelzflussindex Melt Volume Rate (MVR).

Viskositätsschwankungen unmittelbar beim Dosieren des Materials erfahren

Das Steuerungssystem ermittelt durch Eingabe von Materialwerten und einer anschließenden Kalibrierungsphase den MVR. Die Steuerung „Unilog B8X“ bietet dem Einrichter viele Materialkennwerte bereits an. Die meisten Materialhersteller stellen die optimalen Kennwerte zur Verfügung. Daraus kann die Software den Schmelzflussindex abschätzen und für die Gut/Schlecht-Beurteilung heranziehen. Weiters ist es damit möglich, einen Vergleich des aktuellen Wertes mit den Angaben des Materialherstellers durchzuführen. Dem Einrichter werden so die Viskositätsschwankungen unmittelbar beim Dosieren des Materials bekanntgegeben und dokumentiert. Das gibt ihm die Möglichkeit, auf etwaige Änderungen sofort zu reagieren. In der Qualitätstabelle kann dieser Wert mit anderen prozessrelevanten Ist-Werten verglichen werden. Somit sind Veränderungen im Prozess auch zeitlich rückverfolgbar.

Reduzierter Ausschuss sorgt für Effizienzsteigerung

„HiQ Melt Premium“ ist ein Gradmesser der Schmelzequalität und verringert somit den Ausschuss. Die damit einhergehende Effizienzsteigerung führt zu einer Reduktion der Kosten, erleichtert die frühzeitige Erkennung von Materialveränderungen und erhöht in der Folge die Produktivität. Wittmann liefert mit seiner „HiQ Melt“ Premium Software einen weiteren Beitrag zu einem nachhaltigen Umgang mit dem Kunststoff und zeigt damit seine Stärke bei seinen Smart Machines auf.

Die neue Anwendersoftware „HiQ Melt Premium“ wurde auf der K-Messe 2022 anhand der Verarbeitung eines nachwachsenden Rohstoffs vorgestellt. Mit einer als Insiderzelle ausgeführten Maschine der vollelektrischen Eco-Power-Baureihe wurde mit einem Achtfach-Werkzeug von Bioblo aus Österreich ein Bio-Baustein aus Fasal gefertigt. Fasal ist ein Compound aus Holzmehl und Post-Industrial Polypropylen. Die Angüsse wurden dabei in eine integrierte Mühle befördert, dort vermahlen und in den Prozess zurückgeführt.