
Anwender von poly- und perfluorierten Alkylverbindungen (kurz: PFAS), auch bekannt als Ewigkeitschemikalien, stehen durch Regulierungen der Europäischen Chemikalienagentur (Echa) unter Druck. Dies betrifft auch den Einsatz von Fluorelastomeren, deren wirtschaftliche Bedeutung enorm ist. Fachleute von Fraunhofer haben Anfang Februar das Projekt „HATE-Fluor“ auf den Weg gebracht. Gemeinsam wollen sie Hochleistungselastomermischungen als Ersatz für Fluorpolymere in bestimmten technischen Anwendungen entwickeln. Verschiedene Branchen wie die Medizintechnik, die Reinraum- und Halbleitertechnik sowie die chemische Verfahrenstechnik und Elektroanwendungen können diese statt PFAS-haltiger Elastomere einsetzen. Aber auch Halbzeug- und Fertigteilhersteller sowie Unternehmen des Anlagen- und Maschinenbaus profitieren von den neuen Compounds.
Hoher Bedarf an PFAS-Alternativen in technischen Anwendungen
Zahlreiche Unternehmen sind auf der Suche nach Alternativen zu poly- und perfluorierten Alkylverbindungen. Denn deren zukünftige Einsatzmöglichkeiten sind ungewiss und freiwillige Selbstverpflichtungen werden erwartet. PFAS finden sich in Alltagsprodukten wie beschichteten Pfannen, Pizzakartons, Outdoorjacken, aber auch in der Medizintechnik, Wärmepumpen und Batterien. Für einige Alltagsanwendungen gibt es bereits fluorfreie Ersatzstoffe. Bei technischen Anwendungen, die extremen Bedingungen standhalten müssen, besteht ein großer Bedarf an neuen, individuellen Lösungen zum Ersatz von Fluorpolymeren.
PFAS-Substitution: Beschichtete Elastomere und anpassbare Baukastenlösungen
Im neu gestarteten Projekt „HATE-Fluor“ werden Expertenteams des Fraunhofer-Instituts für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit und des Fraunhofer-Instituts für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung fluorfreie beschichtete Elastomere entwickeln und anpassungsfähige modulare Lösungen anbieten, um den wachsenden Marktbedürfnissen gerecht zu werden. Die Lösung umfasst drei Hauptschritte: Verbesserung der thermischen Stabilität fluorfreier Elastomere durch neuartige Antioxidantien Herstellung abgestimmter Elastomerformulierungen und Entwicklung eines Beschichtungssystems zum Schutz des Elastomers vor oxidativem und chemischem Angriff Der modulare Aufbau dieses Systems, bestehend aus Lack- und Plasmabeschichtungen, soll ein breites Spektrum im Bereich der fluoralternativen Dichtungen abdecken. Die Zieleigenschaften werden durch die Einsatzgebiete der im Projekt zu substituierenden Fluorelastomere vorgegeben.
Entwicklung von Hochleistungselastomeren für technische Anwendungen
Das Fraunhofer-Institut LBF konzentriert sich im Projekt „HATE-Fluor“ auf die Entwicklung von Hochleistungselastomeren als Ersatz für Fluorpolymere in technischen Anwendungen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Verbesserung der thermischen und thermooxidativen Stabilität fluorfreier Elastomere durch neuartige Antioxidantien. Darüber hinaus werden anwendungsoptimierte Elastomerformulierungen entwickelt, um maximale Beständigkeit und optimale Haftung zu gewährleisten. Ergänzt wird dies durch die Formulierung eines Beschichtungssystems für die Elastomere. Letzteres wird am Fraunhofer IFAM entwickelt, um das Material vor oxidativem Angriff und chemischer Zersetzung zu schützen.
Darüber hinaus arbeitet das Fraunhofer IFAM im Rahmen des Projektes an der Beschichtung dieser Elastomere, um deren Reibungsreduktion und Barriereeigenschaften zu verbessern. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Entwicklung von Polyimidbeschichtungen in Kombination mit Schichtsilikaten, die die Permeation von Schadgasen und Feuchtigkeit verhindern. Diese Beschichtungen werden insbesondere in der Hochleistungselektronik und anderen anspruchsvollen Anwendungen eingesetzt. Darüber hinaus wird die Modifizierung von Schichtsilikaten untersucht, um die Permeation von Wasserdampf und Sauerstoff durch die Beschichtung um bis zu 99 Prozent zu reduzieren. Der Einsatz dieser Beschichtungen zeigt eine deutlich reduzierte Alterung und verhindert das Dendriten-Wachstum infolge von Schadgasbelastungen.
Gebündelte Fraunhofer-Kompetenz
Die Fraunhofer-Institute LBF und IFAM bündeln ihre Expertise, um neue Lösungen und anwendungsreife Technologien zu entwickeln. Durch langjährige Entwicklungs- und Projektarbeiten verfügen beide Institute bereits über umfangreiche Kompetenzen im Bereich der Substitution von PFAS. Das Projekt „HATE-Fluor" wird von der Fraunhofer-Gesellschaft im Rahmen des Prepare-Programms gefördert und hat eine Laufzeit von drei Jahren.